bewahrend
Mal glänzt sie kupferfarben, mal silbrig. Mal zeigt sie sich in makelloser Glätte, mal mit winzigen Dellen. Stets aber gibt sie sich verschlossen, zumindest, wenn es irgendwo heiß hergeht. Was man ihr anvertraut, bewahrt sie in gewissenhafter Obhut. Zum richtigen Zeitpunkt jedoch öffnet sie sich klaglos und entlässt, allenfalls mit einem Schwall zärtlicher Wärme, einem duftenden Atemhauch, was sie zuvor verbarg. Fast jeder kann sich an ihre sanften Rundungen schmiegen, ob Kind der Erde oder des Wassers. Geduldig lässt sie Klein und Groß sich vollenden in der Sicherheit ihrer gediegenen Hülle, die nicht umsonst zwei Muschelhälften ähnelt – denn diese Schalentiere sind oft Bestandteil jener köstlichen Dampfgerichte, denen die metallene Cataplana ihren Namen gab.
polarisierend
Obwohl er häufig als Schwindler bezeichnet wird, sangen schon Sanskrittexte sein Lob. Im Garten des babylonischen Königs Marduk-apla-iddina II. ließ er es sich ebenfalls wohlergehen. Plinius d. Ältere erwähnt ihn in seinen Schriften; die Bibel vergleicht seine Samen mit Manna. Magen und Darm tut er wohl; auch Parfümeure schätzen ihn bis heute. Frühe Freunde gewann er zudem in Lateinamerika, China und Südostasien. Auch am Südwestzipfel Europas fasste er Fuß. Häufig sieht man ihn hier in seinem leuchtend grünen Gewand vor den Häusern herumstehen. Bis ihn jemand in die Küche holt – und ihn dort Bekanntschaft machen lässt etwa mit Salat, Reis, gebackenen Kartoffeln, Suppen oder Eintöpfen, gegrilltem Fleisch oder Meeresgetier: o coentro, frischer Koriander.
universell
Er kommt rum in unserem Universum. Hat es sogar schon in den Weltraum geschafft. Und dank seiner vielfältigen Eigenschaften auch ins Reich der Blasinstrumente: in Saxophonhälse etwa oder an Klarinettenmundstücke. Er braucht zwar viele Jahre, bis sein Wachstum beendet ist, doch dafür gelingt es ihm, Gas einzulagern und Wasser abzuweisen. Feuer macht ihm ebenfalls kaum etwas aus. Gegen Insekten wehrt er sich mit Gerbstoffen. Zudem ist er elastisch, speichert Wärme und Kälte, schützt vor Lärm und verschließt kostbare Flüssigkeiten. Wenn seine Zeit gekommen ist, trennt er sich meist problemlos von seinem angestammten Zuhause. In vielerlei Gestalt wandert er dann durch unseren Alltag – sogar als Löffel: a cortiça, der Kork.
störrisch
Die rote Sonne der Algarve! Tausendfach leuchtet sie vor dem Himmelsazur. Sogar wenn es regnet. Zwar nur von den ersten Herbsttagen bis zum Frühlingserwachen. Denn spätestens zur Karnevalszeit holen fleißige Hände sie vom Firmament. Trotzdem trägt sie auch in den restlichen Jahresmomenten zur Freude und zum Wohlbefinden der Menschen bei. Ein feuerfarbenes Gestirn, verwandelt zur irdischen Köstlichkeit. Frisch gepflückt gibt sich die kleine Kugel im Mund zwar zunächst fast störrisch. Doch unter ihrer noppenstrahligen Hülle überrascht den Mutigen süße Weichheit. Als cremige Konfitüre oder aromatisches Destillat bezaubert sie sofort Zunge und Gaumen: Medronho, die Frucht des Erdbeerbaumes.
fettreich
Kein Fest ohne sie! Silbergrau glitzernd, schmal und nicht besonders groß schaut sie mit eindrucksvoll dunklem Blick in die Welt. Wasser ist ihr Element, gerne tief und kalt. Oft räkelt sie sich sogar auf einem Bett aus Eis, zeigt in eleganter Seitenlage ihren milchweißen Bauch. Sie liebt es auch, in der Menge zu baden und sich Umherirrenden zuzuwenden. Ihren Namen verdankt sie einer Mittelmeerinsel, zu ihren bevorzugten Speisen zählen Fischeier und kleine Krebse. Trotz alledem ist sie keine Diva; im Gegenteil. Volksnah, zu Hause eher in den Hütten der Armen, fürchtet sie weder heißes Eisen noch offenes Feuer. Man darf, ja soll sie mit den Händen packen und mit den Lippen ihr duftendes Fleisch vom zarten Rückgrat lösen: ein Hoch auf die Sardine!
Algarve hautnah!
Dieses Buch ist eine Hommage an die Algarve, an die gastfreundlichen Menschen, die einzigartigen Produkte und Gaumenfreuden. Das 448-seitige Coffee-Table-Book erscheint am 21. April 2021 im Knesebeck Verlag München.
Preis: 40 Euro. ISBN 978-3-95728-469-3